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Birgit Mallow Organisationsentwicklung und Prozessberatung
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Wissen ist die einzige Ressource, welche sich durch Gebrauch vermehrt.
(Gilbert Probst)

Wie gehen Geschäftsprozessmanagement und Agilität zusammen?

Zuletzt wurde ich gefragt, ob Geschäftsprozessmanagement zu einer agilen Organisation gehört. Diese Frage ist nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten.

Einerseits ist Geschäftsprozessmanagement für mich und viele agile Kollegen eine Kompetenz für komplizierte oder einfache Aufgabenstellungen. Es kommt dort wirksam zum Einsatz, wo Aufgaben einen hohen Anteil wiederholbarer, vorhersehbarer und damit standardisierbarer Schritte enthalten. Der Fokus liegt dabei i.d.R. auf Effizienz. Oft sind Kosteneinsparungen und ein hoher Automatisierungsgrad das Ziel. Für komplexe Aufgabenstellungen, also dort, wo wir wenig Vorhersehbarkeit und Planbarkeit finden, ist das klassische Geschäftsprozessmanagement aber nicht geeignet und meist auch nicht schnell genug. Zur Bewältigung von Komplexität setzen wir deshalb agile Methoden ein.

Dennoch benötigen natürlich auch Organisationen, die sich Agilität auf die Fahne schreiben, in vielen Bereichen effiziente Geschäftsprozesse. Für Aufgaben, die mit einem eindeutigen Auslöser in definierten Schriften zu einem spezifizierten Ergebnis führen, vorhersehbar und planbar. Durch die Digitalisierung und die zunehmenden Anforderungen an Performance und Compliance ist Business Process Management in den letzten Jahren für viele Unternehmen noch wichtiger geworden.

Und genau hier kommt Agilität ins Spiel: Um eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit und mehr Flexibilität zu gewinnen nutzen agile Organisationen im Geschäftsprozessmanagement agile Methoden.
Beispiele:

  • Design Thinking für die innovative Prozessneugestaltung.
    Ein kleines Team aus Prozessbeteiligten mit verschiedenen Prozessrollen bringt unterschiedliche Sichtweisen auf den Prozess ein. Im gemeinsamen Fokus stehen der interne oder externe Kunde und das "Problem", welches das Prozessergebnis für ihn lösen soll. In kurzer Taktung und mit Kreativmethoden des Design Thinking entwickelt das Team Lösungsideen und Prototypen und holt sofort das Feedback des Kunden dazu ein. Die mehrfache schnelle Wiederholung des Design Thinking Zyklus liefert den Prototypen für eine Prozessinnovation, die das Kundenbedürfnis wirklich erfüllt.
  • Scrum für ein schlankes Prozessmanagement.
    Eine aus der Unternehmensstrategie abgeleitete Top-Level-Prozesslandkarte und die Process Vision über die angestrebte Prozessunterstützung des Business bilden die Ankerpunkte. Ideen und Anforderungen an einzelne Geschäftsprozesse und Teilprozesse werden im Process Backlog gesammelt. Die konsequente Priorisierung durch die Process Owner führt zu fokussiertem und zielgerichtetem Vorgehen: Geschäftsprozesse und Workflows werden entsprechend ihres Wertes für die Kunden mit agilem Vorgehen in schneller Folge modelliert/optimiert, pilotiert und weiterentwickelt. Die Prozess-Teams arbeiten also nur an den Themen, die wirklich einen hohen Wert für den Kunden bringen. Damit vermeiden wir die Verschwendung, die der herkömmliche meist allumfassende Ansatz im Prozessmanagement mit sich bringt.
  • Kanban zur empirischen Verbesserung von gelebten Prozessen.
    Die Prozessoptimierung geschieht hier nicht per Simulation, die für viele Anwender zu abstrakt ist. Vielmehr lassen sich auf einfache Weise kleine Experimente zur Prozessverbesserung gestalten und direkt verproben. Die Prozess-Teams entscheiden in einem definiertem Rahmen selbst darüber, was und wie sie optimieren.

Agile Organisationen setzen auch für ihr Geschäftsprozessmanagement auf agile Werte und Prinzipien.
Beispiele:

  • Ermächtigte und selbstorganisierte Teams aus Prozessbeteiligten, das heißt aus Vertretern aller Prozessrollen, optimieren den Prozess sukzessive selbstverantwortlich. Wir vertrauen dabei darauf, dass diejenigen, die die Prozesse ausführen, selbst am besten wissen, welche Schwachstellen im Prozess bestehen und wo die Ursachen liegen. Selbstorganisation und die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen sind die Voraussetzung für die Selbstverpflichtung (Commitment) der Teammitglieder.
  • Die Teams verschaffen sich Transparenz über die Qualität von Prozessablauf und Prozessergebnis. Sie definieren sich die Kennzahlen selbst und werten sie auch aus. Die Transparenz wiederum ist die Grundlage für Vertrauen.
  • Geschehen Überprüfung und Anpassung in regelmäßigen kurzen Zeitintervallen, führt das zu schnellen Lernschleifen: Erfolge oder Fehler werden schnell erkannt. Und das Team kann bei Bedarf schnell gegensteuern.
  • Fokus hilft, sich für die Prozessoptimierung auf einzelne Wertschöpfungsketten und Prozesse zu konzentrieren. Nämlich auf die Geschäftsprozesse, die den maximalen Wert für den Kunden liefern. Process Owner agieren hier ähnlich wie ein Product Owner.
  • Mit Mut und dem Prinzip Verschwendung vermeiden widerstehen die Teams der Verlockung "mal einfach schnell" ein paar Teilprozesse zu optimieren. Sie behalten vielmehr den Überblick über den gesamten Wertstrom, damit es nicht zu Teiloptimierungen zu Lasten des Gesamten kommt.
  • Und natürlich stehen funktionierende Prozesse und qualitativ hochwertige Prozessergebnisse über umfassender Dokumentation.
  • Die konsequente Umsetzung der agilen Werte und Prinzipien manifestiert sich nachhaltig in beobachtbaren Verhaltensweisen. Dies führt sukzessive zu einer wirklich neuen "agilen Haltung" bei den Prozessbeteiligten. Das Agile BPM wird Bestandteil der Unternehmenskultur.


Das Fazit ist also:
Eine Organisation wird nicht per se durch ihr Geschäftsprozessmanagement agil. Vielmehr gilt:
Eine wirklich agile Organisation nutzt agile Methoden für die innovative Prozessgestaltung, für die schrittweise Weiterentwicklung der Prozesse entsprechend ihres Kundenwertes sowie in der täglichen Umsetzung und Optimierung ihrer Geschäftsprozesse.
Das ist Agile BPM (Agile Business Process Management).
Die agilen Werte und Prinzipien dienen dabei als Orientierungsrahmen. Und das integriert und verbindet die Menschen in ihren verschiedenen Rollen miteinander und mit dem Unternehmen. Ganz gleich, ob sie mit einfachen, komplizierten oder komplexen Aufgabenstellungen befasst sind.


Und falls Sie in Ihrem Unternehmen darüber nachdenken, wie Sie das Geschäftsprozessmanagement agiler gestalten können, lassen Sie uns darüber reden. Ich kann Sie gut unterstützen.
Ihre Birgit Mallow

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